"But only in their dreams can men be truly free,
'Twas always thus, and always thus will be." - John Keating
Nach vier langen Jahren des Wartens, haben die fünf Symphonic Metal Giganten uns endlich für unsere Geduld belohnt, mit einem Album, dass all ihre vorangegangenen Werke in den Schatten stellt:
1. Taikatalvi
2. Storytime
3. Ghost River
4. Slow, Love, Slow
5. I Want My Tears Back
6. Scaretale
7. Arabesque
8. Turn Loose The Mermaids
9. Rest Calm
10. The Crow, The Owl And The Dove
11. Last Ride Of The Day
12. Song Of Myself
13. Imaginaerum
Der innere Konflikt
Um ehrlich zu sein, war ich beim ersten Reinhören in die CD voreingenommen. Mir als Nightwish-Fan bis ins Blut, fällt es natürlich schwer das Album völlig uneingenommen zu beurteilen. Das war mir von Anfang an klar. Deshalb hab ich innerlich beschlossen vom Schlimmsten auszugehen und damit zu rechnen, einen Schund wie Within Temptations "The Unforgiven" vorgelegt zu bekommen. Umso atemberaubender war die Erleuchtung für mich. Denn als die ersten Sekunden des Intros erklangen, war ich schon wieder fort. Die Musik fängt, das tut sie wirklich. Vielleicht nur mich, vielleicht auch euch, das kann niemand sagen. Ich kann nur schreiben wie es mir ging. Und es hat gut getan, sehr gut getan.
Das Album
Das Album ist eine gewagte Mischung aus altbekanntem Nightwish-Flair und einer Prise neuen Ideen. Jedes Lied definiert ins sich klar und deutlich welcher Kategorie es zuzuschreiben ist. Dabei ist die Balance gut ausgeglichen, das Album erfüllt eindeutig sowohl die Wünsche der Alteingesessenen, als auch die der Fans, die gerne frischen Wind in Nightwish’s Segeln spüren würden. Es wird auf jeden Fall nicht langweilig, man kann die Scheibe auch drei Mal hintereinander durchspielen lassen, ohne dass einem die Songs beim Hals raushängen. Das Thema bezieht sich, wie bereits im Preview erwähnt, auf Vorstellungskraft, (Tag-)Träume, Alpträume, Phantasie… und Tuomas’ unendlicher Suche nach der inneren Unschuld, die allen Fans sicherlich aus früheren Stücken ein Begriff ist.
Die Songs
1. ”Taikatalvi“: Als Nightwish’s erstes Intro öffnet einem das Lied unglaublich zart und träumerisch die Türen zu „Imaginaerum“. Marco haucht den finnischen Texten mit seiner starken, angenehm rauen Stimme Leben ein, während zarte Orchestertöne und Chöre ihn begleiten. Man kommt auch als Musiklaie nicht umher der Vielfalt der Instrumente staunend zu lauschen. Tuomas hat mit seinem Orchesterleiter Pip Williams wirklich großes Glück, aber das weiß er auch.
2. “Storytime”: Der rasante Läufer läuft seine Runden schon seit November. Storytime war die erste Single zum neuen Album und soll, so Tuomas’, das ganze Album repräsentieren. Ich persönlich kann mich dieser Meinung nicht anschließen. Wie auch „Amaranth“ den Vorgänger („Dark Passion Play“) nicht widerspiegeln konnte, schafft auch Storytime das nicht. Nichtsdestotrotz ist es aber ein ganz nettes, massentaugliches Liedchen, wenn auch meiner Meinung nach zu viele Parallelen zu „Sahara“ und „Master Passion Greed“ (beide vom Vorgänger) bestehen. Die Lyrics sind sehr schlicht, aber nett anzuhören, der orchestrale Part in der Mitte ist jedoch der einzige Höhepunkt in dem Song und dauert dafür viel zu kurz. Meiner Meinung nach ist es das schwächste Lied des Albums.
3. “Ghost River”: So gehört sich das! Mit diesem Song katapultieren uns die fünf wieder zurück in das Genre Metal. Nach einem relativ schlichten Einstieg basht das Lied uns mit den rhythmisch herrlichen Lyrics die Metalriffs nur so gegen das Trommelfell. Vor allem der Refrain hat Potential zum Ohrwurm, der Kinderchor im Hintergrund wirkt dabei als Unterstützung und man will einfach nur mitgröllen. Anettes zarte Einwürfe runden das Gesamtbild des Songs sehr schön ab. „Ghost River“ ist eindeutig ein Song, den man live hören muss, da kommt Freude auf!
4. ”Slow, Love, Slow“: Dieser Song ist das wohl am fremdesten wirkende Lied des ganzen Albums. Man fühlt sich plötzlich in eine verrauchte Kellerbar versetzt, drei Musiker stehen auf der Bühne und spielen eine unglaublich gefühlvolle Jazz-Ballade, während von Draußen, aus weit entfernten Gassen, der kaum vernehmbare Klang einer Trompete erklingt. Und man denkt sich: „Was, das ist Nightwish?!“ Ja liebe Leute, das sind sie. „Slow, Love, Slow“ ist ein absolutes Unikat, nie zuvor haben Nightwish sich von ihrem Genre so weit entfernt wie hier. Für die einen ist es ein Meisterwerk, für die anderen die pure Qual. Was man im Endeffekt davon hält muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber eines müssen wir uns alle eingestehen, dass Tuomas die Lieder nun endlich an Anettes Stimme angepasst hat, merkt man hier wohl am deutlichsten.
5. ”I Want My Tears Back“: Mit rekordverdächtigen Geschwindigkeiten werden einem in diesem Song die Dudelsack-Töne nur so um die Ohren gehauen. Eine musikalische Höchstleistung, schon zuvor wurde verkündet, dass die Dudelsack-Stimme in diesem Song für einen Normalsterblichen eigentlich nicht spielbar wäre. Nightwish’s Stamm-Dudelsackspieler Troy Donockley hat es aber anscheinend fertig gebracht und beschert uns damit einen rockigen Nightwish-Song, der sich meiner Meinung nach viel besser als Promotion Song geeignet hätte, als „Storytime“. Die Nummer verzichtet auf harte Metal-Riffs, wird jedoch durch herrlich irische Melodien bereichert, sodass es im Endeffekt fast gar nicht mehr stört, dass das Lied ziemlich „rockig“ ist (nein, ich verwende das „p“-Wort hier nicht!). Es ist definitiv ein Lied, dass man einem Nightwish-Einsteiger zeigen kann, da es auf ziemlich leichte Art den Stil der Band wiedergibt.
6. ”Scaretale”: Der Titel spricht für sich. Doch trotzdem bringe ich es nicht fertig darüber zu schweigen. Für diesen Song kann jedes erdenkliche Adjektiv zutreffend sein. Erschreckend, betörend, verstörend, belebend, erleuchtend, verwirrend, entrückend… Dieser Song ist der pure Horror, die reine Wohltat, alles zusammen. Beim erstmaligen Hören lief es mir kalt den Rücken hinunter vor Graus. Jetzt liebe ich es. Ja, es ist der meiner Meinung nach genialste und demnach beste Titel des ganzen Albums.
7. “Arabesque“: Das instrumentale Stück entführt uns nicht nur durch seinen Titel, sondern auch durch die Melodien und Instrumente in den Orient. Man beschränkt sich hierbei nur auf orchestrale Klänge und Perkussion. Es ist wenig aufregend, ist aber sehr schön anzuhören und lädt zum Abdriften ein. Es hat stilistische Ähnlichkeiten mit Trailer-Music, was mir persönlich eigentlich sehr zusagt.
8. ”Turn Loose The Mermaids“: …ist das perfekte Beispiel dafür, wie Anettes Stimme klingen kann, wenn ein Lied auf sie zugeschrieben ist. Die Songs von „Imaginaerum“ sind die ersten, bei denen Tuomas’ schon beim Komponieren Anettes Stimme in seinem Hinterkopf hören konnte, deshalb hört man sie hier auch nicht in kaum mehr erreichbare Höhen hinaufjodeln oder lange Fermaten aushalten. „Turn loose the Mermaids“ ist ein sehr angenehmer Song, der weder den Musikern noch den Hörern viel abverlangt. Die Trommeln gegen Ende bauen eine sehr tief sitzende, aber dennoch sanfte Spannung auf, die an das wohlige Bauchgefühl bei einer Autofahrt durch hügelige Landschaften erinnert.
9. ”Rest Calm“: Mit seinem relativ sanften Einstieg glaubt man sich in eine ruhige Rock-Ballade geworfen. Marcos kräftige Stimme verändert das Gesamtbild des Songs jedoch schnell wieder, auch wenn der Song bis etwas zur Hälfte relativ sanft und zart voranschreitet. Erst gegen Ende hin schöpfen Nightwish ihr ganzes Potential an Epik und Dramatik aus, nicht zuletzt durch den mehr als genialen Kinderchor und die beinahe schon kitschig-epischen Orchester-Parts. Am Ende darf sich sogar wieder ein bisschen Metal in das Lied schleichen, was den Gesamteindruck natürlich sehr positiv beeinflusst.
10. ”The Crow, The Owl And The Dove”: Schon mit „The Islander“ hat Marco bewiesen, dass auch er schöne Melodien schreiben kann und Tuomas fördert diese Fähigkeit zum Glück aller Fans sehr. Marcos Melodien sind ein sehr schöner Kontrast zu Tuomas’, auch wenn ihnen das metallische etwas fehlt. Die Lyrics sind unvergleichlich schön, sie stammen wiederum von Tuomas’ Feder. Der Song erzählt eine äußerst schöne Geschichte und erinnert auch thematisch etwas an „The Islander“. Davon lässt sich aber hoffentlich niemand stören.
11. “Last Ride Of The Day”: Nach den etwas ruhigeren Liedern freut sich jeder Metaler über diesen fetzigen Titel. Die Grundmelodie kennen manche schon von der besch…eidenen Dj-Orkedia Version „Kiteen Pallo“. Doch das Original „Last Ride Of The Day“ ist verständlicherweise um Längen besser. Es läuft sehr schön dahin und die Melodie hat absolutes Ohrwurmpotential. Auch die Lyrics sind rasant und laden zu einer Achterbahnfahrt durch das Nightwish-Universum ein. Do you dare to enter…?
12. “Song Of Myself”: Dieses kolossale Lied wirkt beinahe wie eine Fortsetzung von allen Nightwish-Songs, die sich konkret auf Tuomas und die Gefühle der Bandmembers beziehen. Sogar in den Lyrics wird auf die vorangegangenen „Personal-Songs“ eingegangen (wie etwa „Dead Boy’s Poem“, „The Poet and the Pendulum“…). Auch in „Song Of Myself“ finden sich einige härtere Riffs wieder, die phasenweise eine Härte besitzen, die man von Nightwish sonst nicht kennt. Absoluter Höhepunkt des Songs (und zeitgleich auch der Grund für die Laufzeit von 13 Minuten) sind aber die eingesprochenen Texte. Schon bei „Higher than Hope“ ließ Tuomas seinen krebskranken Freund Textzeilen sprechen, um ihn durch dieses Lied unsterblich zu machen. Doch mit „Song Of Myself“ hat die Band nicht nur einen, sondern viele Nahestehende in einem Song verewigt. Satte 6 Minuten lang erklingen die Stimmen der Familienmitglieder der fünf Musiker, Marcos Großvater, Kinder, Ehefrau. Anettes Freund, ihr Sohn… Jeder Einzelne von ihnen liest eine Textzeile und bereichert somit, mit orchestralen Klängen hinterlegt, den Song mit einem Wert, den wohl jeder wertschätzen kann. Selbst jene, die diese Musik sonst nicht mögen.
13. ”Imaginaerum“: Als letztes Lied der CD, rundet dieser Song den Facettenreichtum des Albums würdig ab. „Imaginaerum“ ist ein Echo aller Hauptmelodien der vorangegangenen Songs und ist somit wie ein Spiegelbild des Albums, nur in orchestraler Version. Ein gelungener Abschluss und ein Vorgeschmack auf den Soundtrack, der hoffentlich noch kommen wird…
Gesamteindruck
Allgemein muss ich zugeben, dass Nightwish einiges an Härte abgegeben haben, mich persönlich stört das aber nicht. Dafür haben sich die fünf in fremde Gefilde vorgewagt und meiner Meinung nach in vielerlei Hinsicht einen Haupttreffer erzielt. Das dieses Album aber vielerseits auf Abneigung und negative Kritik treffen wird, ist vorprogrammiert. Ich persönlich halte es für ein gelungenes Experimentalalbum, würde mich jedoch auch freuen, wenn die fünf beim nächsten Album wieder ein bisschen mehr zu ihren Wurzeln zurück finden würden.
Trotzdem zeigt Imaginaerum auf jeden Fall eine Weiterentwicklung und wenn sie sich nicht weiterentwickeln würden, wäre das mehr als schade.
Lieblinssongs
Scartale (!), Ghost River, Song of myself, Last ride of the Day
Danke an jeden, der sich dieses Review ganz durchgelesen hat.
Respekt!
'Twas always thus, and always thus will be." - John Keating
Nach vier langen Jahren des Wartens, haben die fünf Symphonic Metal Giganten uns endlich für unsere Geduld belohnt, mit einem Album, dass all ihre vorangegangenen Werke in den Schatten stellt:
1. Taikatalvi
2. Storytime
3. Ghost River
4. Slow, Love, Slow
5. I Want My Tears Back
6. Scaretale
7. Arabesque
8. Turn Loose The Mermaids
9. Rest Calm
10. The Crow, The Owl And The Dove
11. Last Ride Of The Day
12. Song Of Myself
13. Imaginaerum
Der innere Konflikt
Um ehrlich zu sein, war ich beim ersten Reinhören in die CD voreingenommen. Mir als Nightwish-Fan bis ins Blut, fällt es natürlich schwer das Album völlig uneingenommen zu beurteilen. Das war mir von Anfang an klar. Deshalb hab ich innerlich beschlossen vom Schlimmsten auszugehen und damit zu rechnen, einen Schund wie Within Temptations "The Unforgiven" vorgelegt zu bekommen. Umso atemberaubender war die Erleuchtung für mich. Denn als die ersten Sekunden des Intros erklangen, war ich schon wieder fort. Die Musik fängt, das tut sie wirklich. Vielleicht nur mich, vielleicht auch euch, das kann niemand sagen. Ich kann nur schreiben wie es mir ging. Und es hat gut getan, sehr gut getan.
Das Album
Das Album ist eine gewagte Mischung aus altbekanntem Nightwish-Flair und einer Prise neuen Ideen. Jedes Lied definiert ins sich klar und deutlich welcher Kategorie es zuzuschreiben ist. Dabei ist die Balance gut ausgeglichen, das Album erfüllt eindeutig sowohl die Wünsche der Alteingesessenen, als auch die der Fans, die gerne frischen Wind in Nightwish’s Segeln spüren würden. Es wird auf jeden Fall nicht langweilig, man kann die Scheibe auch drei Mal hintereinander durchspielen lassen, ohne dass einem die Songs beim Hals raushängen. Das Thema bezieht sich, wie bereits im Preview erwähnt, auf Vorstellungskraft, (Tag-)Träume, Alpträume, Phantasie… und Tuomas’ unendlicher Suche nach der inneren Unschuld, die allen Fans sicherlich aus früheren Stücken ein Begriff ist.
Die Songs
1. ”Taikatalvi“: Als Nightwish’s erstes Intro öffnet einem das Lied unglaublich zart und träumerisch die Türen zu „Imaginaerum“. Marco haucht den finnischen Texten mit seiner starken, angenehm rauen Stimme Leben ein, während zarte Orchestertöne und Chöre ihn begleiten. Man kommt auch als Musiklaie nicht umher der Vielfalt der Instrumente staunend zu lauschen. Tuomas hat mit seinem Orchesterleiter Pip Williams wirklich großes Glück, aber das weiß er auch.
2. “Storytime”: Der rasante Läufer läuft seine Runden schon seit November. Storytime war die erste Single zum neuen Album und soll, so Tuomas’, das ganze Album repräsentieren. Ich persönlich kann mich dieser Meinung nicht anschließen. Wie auch „Amaranth“ den Vorgänger („Dark Passion Play“) nicht widerspiegeln konnte, schafft auch Storytime das nicht. Nichtsdestotrotz ist es aber ein ganz nettes, massentaugliches Liedchen, wenn auch meiner Meinung nach zu viele Parallelen zu „Sahara“ und „Master Passion Greed“ (beide vom Vorgänger) bestehen. Die Lyrics sind sehr schlicht, aber nett anzuhören, der orchestrale Part in der Mitte ist jedoch der einzige Höhepunkt in dem Song und dauert dafür viel zu kurz. Meiner Meinung nach ist es das schwächste Lied des Albums.
3. “Ghost River”: So gehört sich das! Mit diesem Song katapultieren uns die fünf wieder zurück in das Genre Metal. Nach einem relativ schlichten Einstieg basht das Lied uns mit den rhythmisch herrlichen Lyrics die Metalriffs nur so gegen das Trommelfell. Vor allem der Refrain hat Potential zum Ohrwurm, der Kinderchor im Hintergrund wirkt dabei als Unterstützung und man will einfach nur mitgröllen. Anettes zarte Einwürfe runden das Gesamtbild des Songs sehr schön ab. „Ghost River“ ist eindeutig ein Song, den man live hören muss, da kommt Freude auf!
4. ”Slow, Love, Slow“: Dieser Song ist das wohl am fremdesten wirkende Lied des ganzen Albums. Man fühlt sich plötzlich in eine verrauchte Kellerbar versetzt, drei Musiker stehen auf der Bühne und spielen eine unglaublich gefühlvolle Jazz-Ballade, während von Draußen, aus weit entfernten Gassen, der kaum vernehmbare Klang einer Trompete erklingt. Und man denkt sich: „Was, das ist Nightwish?!“ Ja liebe Leute, das sind sie. „Slow, Love, Slow“ ist ein absolutes Unikat, nie zuvor haben Nightwish sich von ihrem Genre so weit entfernt wie hier. Für die einen ist es ein Meisterwerk, für die anderen die pure Qual. Was man im Endeffekt davon hält muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber eines müssen wir uns alle eingestehen, dass Tuomas die Lieder nun endlich an Anettes Stimme angepasst hat, merkt man hier wohl am deutlichsten.
5. ”I Want My Tears Back“: Mit rekordverdächtigen Geschwindigkeiten werden einem in diesem Song die Dudelsack-Töne nur so um die Ohren gehauen. Eine musikalische Höchstleistung, schon zuvor wurde verkündet, dass die Dudelsack-Stimme in diesem Song für einen Normalsterblichen eigentlich nicht spielbar wäre. Nightwish’s Stamm-Dudelsackspieler Troy Donockley hat es aber anscheinend fertig gebracht und beschert uns damit einen rockigen Nightwish-Song, der sich meiner Meinung nach viel besser als Promotion Song geeignet hätte, als „Storytime“. Die Nummer verzichtet auf harte Metal-Riffs, wird jedoch durch herrlich irische Melodien bereichert, sodass es im Endeffekt fast gar nicht mehr stört, dass das Lied ziemlich „rockig“ ist (nein, ich verwende das „p“-Wort hier nicht!). Es ist definitiv ein Lied, dass man einem Nightwish-Einsteiger zeigen kann, da es auf ziemlich leichte Art den Stil der Band wiedergibt.
6. ”Scaretale”: Der Titel spricht für sich. Doch trotzdem bringe ich es nicht fertig darüber zu schweigen. Für diesen Song kann jedes erdenkliche Adjektiv zutreffend sein. Erschreckend, betörend, verstörend, belebend, erleuchtend, verwirrend, entrückend… Dieser Song ist der pure Horror, die reine Wohltat, alles zusammen. Beim erstmaligen Hören lief es mir kalt den Rücken hinunter vor Graus. Jetzt liebe ich es. Ja, es ist der meiner Meinung nach genialste und demnach beste Titel des ganzen Albums.
7. “Arabesque“: Das instrumentale Stück entführt uns nicht nur durch seinen Titel, sondern auch durch die Melodien und Instrumente in den Orient. Man beschränkt sich hierbei nur auf orchestrale Klänge und Perkussion. Es ist wenig aufregend, ist aber sehr schön anzuhören und lädt zum Abdriften ein. Es hat stilistische Ähnlichkeiten mit Trailer-Music, was mir persönlich eigentlich sehr zusagt.
8. ”Turn Loose The Mermaids“: …ist das perfekte Beispiel dafür, wie Anettes Stimme klingen kann, wenn ein Lied auf sie zugeschrieben ist. Die Songs von „Imaginaerum“ sind die ersten, bei denen Tuomas’ schon beim Komponieren Anettes Stimme in seinem Hinterkopf hören konnte, deshalb hört man sie hier auch nicht in kaum mehr erreichbare Höhen hinaufjodeln oder lange Fermaten aushalten. „Turn loose the Mermaids“ ist ein sehr angenehmer Song, der weder den Musikern noch den Hörern viel abverlangt. Die Trommeln gegen Ende bauen eine sehr tief sitzende, aber dennoch sanfte Spannung auf, die an das wohlige Bauchgefühl bei einer Autofahrt durch hügelige Landschaften erinnert.
9. ”Rest Calm“: Mit seinem relativ sanften Einstieg glaubt man sich in eine ruhige Rock-Ballade geworfen. Marcos kräftige Stimme verändert das Gesamtbild des Songs jedoch schnell wieder, auch wenn der Song bis etwas zur Hälfte relativ sanft und zart voranschreitet. Erst gegen Ende hin schöpfen Nightwish ihr ganzes Potential an Epik und Dramatik aus, nicht zuletzt durch den mehr als genialen Kinderchor und die beinahe schon kitschig-epischen Orchester-Parts. Am Ende darf sich sogar wieder ein bisschen Metal in das Lied schleichen, was den Gesamteindruck natürlich sehr positiv beeinflusst.
10. ”The Crow, The Owl And The Dove”: Schon mit „The Islander“ hat Marco bewiesen, dass auch er schöne Melodien schreiben kann und Tuomas fördert diese Fähigkeit zum Glück aller Fans sehr. Marcos Melodien sind ein sehr schöner Kontrast zu Tuomas’, auch wenn ihnen das metallische etwas fehlt. Die Lyrics sind unvergleichlich schön, sie stammen wiederum von Tuomas’ Feder. Der Song erzählt eine äußerst schöne Geschichte und erinnert auch thematisch etwas an „The Islander“. Davon lässt sich aber hoffentlich niemand stören.
11. “Last Ride Of The Day”: Nach den etwas ruhigeren Liedern freut sich jeder Metaler über diesen fetzigen Titel. Die Grundmelodie kennen manche schon von der besch…eidenen Dj-Orkedia Version „Kiteen Pallo“. Doch das Original „Last Ride Of The Day“ ist verständlicherweise um Längen besser. Es läuft sehr schön dahin und die Melodie hat absolutes Ohrwurmpotential. Auch die Lyrics sind rasant und laden zu einer Achterbahnfahrt durch das Nightwish-Universum ein. Do you dare to enter…?
12. “Song Of Myself”: Dieses kolossale Lied wirkt beinahe wie eine Fortsetzung von allen Nightwish-Songs, die sich konkret auf Tuomas und die Gefühle der Bandmembers beziehen. Sogar in den Lyrics wird auf die vorangegangenen „Personal-Songs“ eingegangen (wie etwa „Dead Boy’s Poem“, „The Poet and the Pendulum“…). Auch in „Song Of Myself“ finden sich einige härtere Riffs wieder, die phasenweise eine Härte besitzen, die man von Nightwish sonst nicht kennt. Absoluter Höhepunkt des Songs (und zeitgleich auch der Grund für die Laufzeit von 13 Minuten) sind aber die eingesprochenen Texte. Schon bei „Higher than Hope“ ließ Tuomas seinen krebskranken Freund Textzeilen sprechen, um ihn durch dieses Lied unsterblich zu machen. Doch mit „Song Of Myself“ hat die Band nicht nur einen, sondern viele Nahestehende in einem Song verewigt. Satte 6 Minuten lang erklingen die Stimmen der Familienmitglieder der fünf Musiker, Marcos Großvater, Kinder, Ehefrau. Anettes Freund, ihr Sohn… Jeder Einzelne von ihnen liest eine Textzeile und bereichert somit, mit orchestralen Klängen hinterlegt, den Song mit einem Wert, den wohl jeder wertschätzen kann. Selbst jene, die diese Musik sonst nicht mögen.
13. ”Imaginaerum“: Als letztes Lied der CD, rundet dieser Song den Facettenreichtum des Albums würdig ab. „Imaginaerum“ ist ein Echo aller Hauptmelodien der vorangegangenen Songs und ist somit wie ein Spiegelbild des Albums, nur in orchestraler Version. Ein gelungener Abschluss und ein Vorgeschmack auf den Soundtrack, der hoffentlich noch kommen wird…
Gesamteindruck
Allgemein muss ich zugeben, dass Nightwish einiges an Härte abgegeben haben, mich persönlich stört das aber nicht. Dafür haben sich die fünf in fremde Gefilde vorgewagt und meiner Meinung nach in vielerlei Hinsicht einen Haupttreffer erzielt. Das dieses Album aber vielerseits auf Abneigung und negative Kritik treffen wird, ist vorprogrammiert. Ich persönlich halte es für ein gelungenes Experimentalalbum, würde mich jedoch auch freuen, wenn die fünf beim nächsten Album wieder ein bisschen mehr zu ihren Wurzeln zurück finden würden.
Trotzdem zeigt Imaginaerum auf jeden Fall eine Weiterentwicklung und wenn sie sich nicht weiterentwickeln würden, wäre das mehr als schade.
Lieblinssongs
Scartale (!), Ghost River, Song of myself, Last ride of the Day
Danke an jeden, der sich dieses Review ganz durchgelesen hat.
Respekt!